Freitag, 7. Februar 2014

Das Abstimmungswochenende fängt an!

Am Sonntag ist es soweit: Wir stimmen national ab. Wie schon beim letzten Male weise ich euch, meine werte Leserschaft, daraufhin, dass es auch diesen Sonntag um einiges geht. Um die Zukunft der Schweiz. Und ob wir alle Rassisten sind und unsere (ökonomische) Zukunft gefährden wollen.

FABI
Nein, FABI ist kein Name, sondern der "Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur",  kurz eben Fabi.
Um was geht es? Zwar hat die Schweiz ein attraktives Angebot bzgl. öffentlichem Verkehr, doch dieses stösst mit der gewachsenen Bevölkerung an seine Grenzen. Überfüllte Züge und Bahnhöfe sind die Folge.
Der Bundesrat will nun mit Fabi Abhilfe schaffen und massiv in die Bahninfrastruktur investieren: Insgesamt sollen 5 Milliarden jährlich investiert werden - gegenüber 4 Milliarden heutzutage.
Das Geld wird dabei aus dem sogenannten Bahninfrastrukturfonds (BIF) fliessen, was ebenfalls heute schon der Fall ist. Dieser setzt sich aus Einnahmen aus der LSVA, Mehrwertsteuereinnahmen, Mineralölsteuer sowie allgemeinen Bundesmittel zusammen. Neu sollen hier noch neue Quellen den BIF speisen; zuerst einmal ein befristetes Promille aus der Mehrwertsteuer, zudem der maximale Fahrkostenabzug aus der direkten Bundessteuer sowie Kantonsbeiträge.
Bis 2025 sollen mit diesen Geldern hernach die Hauptachsen zwischen Genf bis Chur inklusive Visp und Lugano ausgebaut werden. Ebenfalls sollen Bahnhöfe, Brücken, Tunnels, Fahrleitungen etc. besser instand gehalten oder verbessert werden.

Die Gegner, primär aus bürgerlich-konservativen Kreisen, wollen die Vorlage des Bundesrates ablehnen, da diese unverhältnismässig und zu teuer sei. Zudem kritisieren sie die Quer-Subventionierung der Bahninfrastruktur mit Geldern aus dem Personenverkehr und dem Last- bzw. Schwerverkehr.

Meine Meinung zu FABI:
Es ist müssig, anzunehmen, dass die Gelder anderweitig beschafft werden können. Zudem kritisieren ausgerechnet die Bürgerlichen, dass die Staus ein Problem des Bevölkerungswachstums sei. Doch anstatt die Infrastruktur von Bahn und Verkehr auszubauen und somit den Verhältnissen anzupassen, wollen sie die Zuwanderung einschränken. Doch auch so, mit der jetzigen Bevölkerung (und die Bürgerlichern wollen zudem ja Fachkräfte weiterhin ins Land lassen), braucht es einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs, um zum Einen das Angebot dort attraktiver zu machen und weiterhin die Strassen, primär die Hauptverkehrsachsen, zu entlasten. Die Argumentation, dass FABI zu kostenintensiv sei, bezieht sich dabei auf die gesamthaften 5 Milliarden Franken - dabei verschweigen die Gegner oft, dass bereits heute jährlich 4 Milliarden investiert werden. Ein Ausbau der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs ist jedoch unumgänglich, zum Einen aus ökologischer, zum Anderen aus ökonomischer Sicht. Deswegen: Ja zu FABI.

Volksiniative "Gegen Masseneinwanderung"
Eines vorweg: Ich bemühe mich auch hier, sachlich und fundiert zu bleiben - auch wenn es schwer fällt.
Die SVP hat, gegen den Willen ihres eigenen liberalen Flügels, diese Volksiniative mit massiven finanziellem Aufwand zur Abstimmung gebracht. SVP-Mäze Christoph Blocher soll allein 2.5 Millionen Franken in den Abstimmungskampf investiert haben.
Nebst einigen Teilen der SVP sind auch der Bundesrat wie auch das Parlament gegen diese Initiative.
Diese will zum Einen die Einwanderung aus den EU- und EFTA-Staaten, mit denen die Schweiz seit längerem bilaterale Verträge unterhält, kontigentieren. Die Zahl der Aufenthaltsbewilligungen würde bei Annhame dieser Initiative für Ausländerinnen und Ausländer begrenzt - und zwar durch Definieren einer jährlichen Höchstzahl durch den Staat. Diese Höchstzahl würde sämtliche Ausländerinnen und Ausländer betreffen: Flüchtlinge, Asylsuchende, Grenzgänger, Familienangehörige usw., also unabhängig, ob ein Deutscher Grenzgänger eine Arbeit in der Schweiz sucht oder ob ein Flüchtling aus Ruanda um Asyl in der Schweiz bittet.
Im Arbeitsmarkt müssten Firmen mit Hauptsitz in der Schweiz den Schweizerinnen und Schweizer stets Vorrang gewähren; die Losung wäre also für Unternehmen nicht, den besten Bewerber bzw. die beste Bewerberin unabhängig ihrer Herkunft auszuwählen, sondern als erstes Kriterium die Staatszugehörigkeit zu beachten. Dies würde bedeuten, dass völkerrechtliche Verträge wie auch das Freizügigkeitsabkommen mit der EU, welches 2002 mittels einer Volkswahl angenommen wurde!, neu verhandelt werden müsste.

Meine Meinung zur Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung"
Ganz ehrlich? So einen gottverdammten Bullshit, der in den letzten Umfragen des Polit-Instituts gfs.bern einen besorgniserregenden Ja-Anteil von 43% verzeichnete, habe ich noch selten gehört. Wieso?
Nun, zum ersten betrachten wir die Initiative aus ökonomischer Sicht:
Würde für Firmen in der Schweiz in Anbetracht des vorherrschenden Fachkräfte-Mangels in einigen Sparten, insbesondere in der Pflege, der Informatik oder der Pharma-Industrie, auf die Anstellung ausländischer Spezialisten verzichten müssen, würde dies eine erhebliche Schwächung der Schweizer Wirtschaft bedeuten. Ein Parade-Beispiel ist die Informatik: In der Schweiz fehlen gemäss des Schweizer Informatik-Dachverbandes ICTSwitzerland bis 2016 rund 25'000 Fachkräfte. Dieser Mangel wurde bis dato aus Informatiker und Informatikerinnen aus Deutschland, Österreich, Frankreich etc. gedeckt. Würde die Initiative angenommen, wäre diese Deckung hinfällig. In Anbetracht dessen, dass über 95% der heutigen Arbeitnehmenden Informatik-Anwender sind, wäre dies katastrophal. Selbiges gilt für die "Parade-Branchen" der Schweiz, etwa Pharma, Finanzindustrie oder Pflege.
Hinzukommt, dass Unternehmen stets den "Schweizer Bewerber" bevorzugen müssten. Will heissen: Bewerbe ich mich als CEO der UBS, währenddessen sich ein durchaus besser qualifzierter Italiener für dieselbe Stelle bewirbt und nur wir beide eine Bewerbung absenden, MÜSSTE die UBS mich anstellen - auch wenn ich völlig ungeeignet für diese Stellung wäre. Das ist absoluter Schwachsinn und widerspricht dem ausgerechnet immer von den Bürgerlichen geforderten Leistungsprinzip des Kapitalismus.
Der moralische Aspekt dieser Initiative ist ebenfalls zu beachten. Zum Einen verstösst diese gegen geltendes Völkerrecht (alle Menschen sind gleich, unabhängig ihrer Herkunft, Religion, Farbe, Staatszugehörigkeit etc.)., zum Anderen würde mit einer Annahme bereits abgeschlossene, und durch Volksabstimmung abgesegnete Verträge mit der EU bzw. EFTA-Staaten hinfällig. Diese müssten neu verhandelt werden und es ist anzunehmen, dass die EU nicht mehr dermassen zuvorkommend mit uns als Nation sein würde wie damals 2002. Ich empfehle aus all diesen Gründen, aus ethischen und moralischen wie auch wirtschaftlichen Überlegungen, diese Initiative massivst zu bekämpfen und abzulehnen. Und ich hoffe inständig, dass diese abgelehnt wird.

Volksinitiative "Abtreibung ist Privatsache"
Die Pro's und Kontra's halten sich etwa die Waage, auch wenn ich selbst als Mann ehrlich zugeben muss, dass dies die Frauen unter sich ausmachen sollten.
Um was geht es? Die Initiative verlangt, dass Abtreibungen nicht mehr von der Krankenkasse gedeckt werden sollen, sondern die Privatperson dies selbst berappen muss.
Im Vordergrund steht dabei, dass die Kosten nicht mehr der Allgemeinheit zufallen und somit die Krankenkassenprämien gesenkt werden können. Ausserdem wird argumentiert, dass in der heutigen Zeit genügend Verhütungsmittel vorhanden sind, um eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.
Ausnahmen würde die Initiative in schweren Fällen, etwa bei Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung, zulassen. Diese Kosten würden dann aber vom Staat gedeckt.

Meine Meinung zur Volksinitiative "Abtreibung ist Privatsache"
Ein heikles, diskutables Thema.
Einerseits hinkt die Argumentation des Initiativ-Komitees, dass durch eine Privatfinanzierung von Abtreibungen Kosten gespart werden können. Denn im Umkehrschluss heisst dies, dass die Krankenkassen wohl mehr Schwangerschaften bezahlen müssen als zuvor, was ebenfalls kostenintensiv ist.
Der moralische Aspekt ist meines Erachtens viel wichtiger: Ist es rechtens, ein ungeborenes Leben einfach so auszulöschen, nur weil man "gerade ein Wenig unaufmerksam war"?
Ich sehe es ebenfalls so, dass die Problematik darin besteht, dass eine Abtreibung heutzutage "zu einfach" ist. Man kann handeln, ohne die Folgen befürchten zu müssen - man lehnt de facto die Verantwortung für sein eigenes Tun ab (übrigens ein weit verbreitetes Phänomen in der heutigen Zeit). Dies darf nicht sein.
Um dieses Problem effektiv zu behandeln, braucht es aber mehr, als "nur" eine solche Initiative. Vor etwa 3 Monaten erschien im TagesAnzeiger ein Bericht über eine Studie aus England, dass dort die heutigen Jugendlichen trotz der massiven Sexualisierung der Gesellschaft weitaus schlechter aufgeklärt sind als die Jugendlichen von vor 15 Jahren. Ich denke, dies trifft auch auf die Schweiz zu. Es braucht also, gerade für unsere Jungen, bessere Aufklärung seitens der Eltern, der Schule. Und frühere Aufklärung (zu dieser Abstimmung kommen wir dann noch). Ausserdem sollte der Grund der Schwangerschaft abgeklärt werden - ist dieser nicht ausreichend, muss der "Patient" die Abtreibung selbst übernehmen. Ein generelles Verbot erachte ich jedoch als moralisch und ethisch kritisch - es ist, als ob man alle Frauen, die ungewollt schwanger werden, in einen Topf wirft.
Hinzukommt, dass viele Abtreibungen bei Frauen durchgeführt werden, welche finanziell nicht unbedingt gut betucht sind; was wiederum bedeutet, dass so oder so der Staat diese bezahlt. Es findet also nicht eine Kostenreduktion, sondern eine Kostenumwälzung ab. Und dass die liberalistischen Krankenversicherer die Prämien aufgrund dieser Initiative senken werden, darf doch mehr als nur bezweifelt werden.
Ich gebe hierzu keine Empfehlung ab - vielmehr denke ich, dass jeder und jede sich selbst davon überzeugen muss, was für ihn moralisch und ethisch stimmt.

Zum Schluss
Zum Schluss bitte ich euch inständig: GEHT ABSTIMMEN! Mir geht, um ehrlich zu sein, desöfteren die politische Ignoranz der jungen Menschen echt auf den Sack. Da flucht man, da kritisiert man, da regt man sich auf - aber etwas dagegen tun, in dem man entweder ein Couvert in einen Briefkasten schmeisst oder am Sonntag Morgen seinen Arsch erhebt und geschätzte 100 Meter zum Abstimmungslokal läuft, kommt scheinbar nicht infrage. Dies ist Pseudo-Moralismus pur. Also. Entweder tut was dagegen oder haltet die Klappe. Echt jetzt.

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