Montag, 6. Januar 2014

Jugend und Alkohol

Die 20 Minuten berichtet mal wieder darüber, dass die Jugend sich am Abend immer sinnlos betrinkt.
Zudem mache sie dies immer früher.
Selbstverständlich holt man danach das Blaue Kreuz zu Rate.
"Junge betrinken sich immer früher nach Feierabend", heisst es von dieser Seite. Grund daran sei die Preispolitik der Detailhändler.
Folgen davon, meint die 20 Minuten danach schwarzmalerisch, seien Pöbeleien, Spitaleinlieferungen, betrunkene Autofahrten. Sprich: Unsere Jugend ist ausser Rand und Band!


Die Idee jetzt ist, dass man die Preise erneut erhöht, den Verkauf am Abend einschränkt oder ganz verbietet sowie dass man Sixpacks aus den Regalen nimmt.
Meine Meinung: Blödsinn! Die heutige Gesellschaft argumentiert ähnlich wie ein besoffener Russe den Kommunismus schönredet.

Die verkommene Jugend
Die Jugend sei verdorben, verkommen, versoffen und verkifft. Man könne nichts mehr mit ihr anfangen, es sei keine Motivation, kein Antrieb vorhanden.
Nun. Das mag vielleicht ein wenig zutreffen. Aber wie schon Sokrates sagte: "Die Jugend ist immer das Abbild der vorherrschenden Gesellschaft". Sprich: Die heutige Jugend ist das Produkt genau jener Generation, die sich nun über eben diese echauffiert. Wieso können Teenager und Jugendliche spätabends am Bahnhof Alkohol kaufen und sich besaufen gehen? Weil niemand sie daran hindert - es sind keine Eltern, keine Bezugspersonen da, die ihnen etwas verbieten, sie vielleicht ermahnen oder ihnen gar mit Strafe drohen. Sämtliche Verbote, etwa das Verkaufsverbot von Alkohol am Bahnhof Bern ab 22.00 Uhr, sind kontraproduktiv und de facto obsolet. Man kann ja einfach früher mehr Alkohol kaufen gehen.
Früher, hört man oft, sei alles besser gewesen. Die Jugendlichen schön brav, machten alles, was man ihnen auftrug. Auch dies ist Blödsinn.
Die Jugend ist bei jedem Menschen dafür da, zu rebellieren. Gegen die Eltern, das Establishment, das System, die Lehrer. Was war nochmals im Summer Of Love? Drogen? Alkohol? Sex?

Und die Jugendunruhen in den 80er-Jahren? Pflastersteine flogen, Polizisten wurden verletzt, der Punk war auf dem Vormarsch - und mit ihm das exzessive Betrinken.

Die einzige Komponente, die sich geändert hat, ist die politische und mediale Tragweite des Tuns der Jugendlichen. Wenn in irgendeinem Emmentaler Kaff hundert Jugendliche sich an einem Dorffest betrinken, erscheint das nie und nimmer in der 20 Minuten.
Wenn in Bern am Samstag Abend beim Bahnhof ein besoffener Jugendlicher auf den Boden kotzt, reklamiert man bereits den Alkoholtod von zig Jungen.
Zudem scheint die Politik nun darauf versessen zu sein, sämtliche Kinder und Jugendliche von allem Bösen auf dieser Erde verschonen zu wollen - und sie beweist dabei absolute Doppelzüngigkeit und Pseudo-Moralismus. Gewaltspiele auf dem PC? Horror! Kriegsfilme im TV? Passt schon! Alkohol? Teufelszeug! Prostitution ab 16 Jahren? Okay!
Aufklärung im Unterricht? Scheisse, nein! Halbnackte Tussis auf jedem H&M-Plakat? Was ist schon dabei!

Symptombekämpfung
Wie bereits erwähnt, sind die Ver- und Gebote, die nun erlassen werden sollen, völliger Irrsinn.
Denn diese Dinge betreffen nicht nur die Jugend, sondern auch mich als erwachsene Person.
Wir haben doch schon ein Alkoholverkaufsverbot unter 18 Jahren, wo liegt also das Problem? Warum nicht einfach dieses Gesetzt konsequent umsetzen?
Die Problematik liegt darin, dass die Jugend eine extrem kaufstarke Gruppierung ist - und somit für den Detailhandel als äusserst lukrativ gilt. Die Politik kuscht vor der Wirtschaft - und versucht nun diese mit freiheitsberaubenden Gesetzen zu schlagen. Die Politik schränkt die individuelle Freiheit jedes Einzelnen aufgrund einer Minderheit ein - wobei ja nicht mal alle Jugendlichen "Rauschtrinker" sind.
Die Jugend derweil wird immer einen Weg finden, zu saufen. Weil die Jugend so ist und immer so war. Meine Mutter erzählte mir etwa letzten Samstag, dass sie in einem Ski-Lager der Oberstufe Linden (Einwohnerzahl damals: ca. 800) anno 1963 in Bumbach / Emmental erlebte, wie ein Mitschüler mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und sich die halbe Klasse betrank. Damals hiess es schlicht, der Junge hätte halt weniger trinken sollen. Heute würden der Wirt, Lehrer und sämtliche Betreuer ihren Job verlieren.

Was tun?
Was ist also zu tun?
Es ist eigentlich simpel. Man muss:
1. Die Eltern wieder in die Pflicht nehmen. Im Schweizer Gesetz steht klar geschrieben, dass die Eltern bis 18 Jahre eine Aufsichtspflicht zu erfüllen haben - und diese wird in letzter Zeit kaum mehr wahrgenommen. Die Verantwortung wird von den Eltern delegiert; an Schule, Stadt, Staat. Denn dies ist ja einfacher, als sich mit den Problemen der eigenen Kinder auseinanderzusetzen.
2. Die Politik muss den Finger auf die Umsetzung des Verkaufsverbots von Alkohol unter 18 Jahren halten - denn dieses Gesetz als solches sollte ja sämtliche Probleme eliminieren. Ab 18 Jahre kann es dem Staat - pardon - scheiss egal sein, was ich mit meinem Geld anstelle.
3. Organisationen wie das Blaue Kreuz etc. sollten sich nicht auf die mediale Hetzjagd gegen Jugendliche einlassen, sondern proaktiv wirken - und zwar sinnvoll. Nicht neue Verbote fordern, sondern auf die Einhaltung der bestehenden pochen. Wenn man der Jugend etwas verbietet, will sie es um so mehr - dies erkannte bereits Plato.
4. Die Medien sollten sich einmal überlegen, ob sie lieber über jeden betrunkenen Jugendlichen berichten wollen, oder über wirklich wichtige Dinge, wie etwa Hungersnöte in Afrika, Gewalt in Arabien, Terrorismus in Russland und dergleichen. Die ew'ge Berichterstattung über die schlechte Jugend manifestiert zum einen eine absolut verquerte Ansicht der Bevölkerung über den Zustand unserer Gesellschaft. Und zudem: Haben wir eigentlich keine andere Probleme, über die man berichten kann?

Zum Abschluss:
Lasst doch die Jugend mal Jugend sein - wir alle waren auch so. Oder etwa nicht?

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