Mittwoch, 16. Oktober 2013

Robin Cornelius: "Das Switcher-Prinzip

 
Robin Cornelius ist eine interessante Erscheinung. Der Gründer und Vorstandsvorsitzende der Schweizer Kleidermarke Switcher hat nun ein Buch verfasst, in dem er über den Erfolg und die Grundsätze bzw. die Vision von Switcher schreibt.
Die Lektüre gerät dabei zu einer Mischung aus Autobiographie und Management-Handbuch.

Per se gibt das Leben von Cornelius vielen Querulanten und "Problemschülern" Hoffnung: Der Sohn eines schwedischen Militärattachés und einer Schweizern flog insgesamt von fünf (!) Schulen, ehe er sich doch noch zu einem mehr oder weniger akademischen Weg entscheiden konnte.
Wieso er dermassen oft von Schulen verwiesen worden war, erklärt Cornelius in seinem Buch damit, dass er ein Freigeist, ein Rebell, sogar ein wenig Anarchist gewesen war.
Er konnte nichts mit dem System des absoluten Kapitalismus anfangen, hinterfragte früh die leistungsorientierte Gesellschaft, deren einzige Maxime der finanzielle Gewinn zu sein scheint.

Dennoch fing Cornelius an zu studieren, wobei er sich weniger mit seinem Hauptstudium der Wirtschafts- und Politikwissenschaften, sondern mehr mit philosophischen Dingen, etwa mit Sokrates oder Plato, beschäftigte.
1981 kam ihm anlässlich eines Uni-Events schliesslich die Idee, eine Kleiderfirma zu gründen.
Seit 1986 ist diese unter dem Label Switcher bekannt. Bei Switcher steht aber nicht die Mode im Zentrum, sondern Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Am Produktionsort in Indien werden etwa Schulen und Krankenhäusern von der Unternehmung bezahlt und aufgebaut; die Nachverfolgbarkeit der Prozesskette ist absolut transparent, die Löhne entsprechen einem mittleren europäischen Niveau.

Dass man trotz solch sozialer Einrichtungen und Investitionen finanziell Erfolg haben kann, nahm Cornelius schlussendlich zum Anlass, in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Mathias Morgenthaler, sein Buch zu verfassen.

Der Untertitel Warum uns weniger mehr bringt ist derweil Programm:
Cornelius schreibt enthusiastisch über die Dinge, die er mit Switcher macht, wie er die Welt verbessern will, wie soziale, ökologisch-bedachte Manager ihre Firma zu führen hätten.
Dies liest sich ganz gut und ist insofern bemerkenswert, als dass Cornelius diesen Vorstellungen durch Beispiele von Switcher Kraft verleiht.
Er prangert offen die Konsumgesellschaft an, insbesondere die Modebranche. Er könne sich nicht vorstellen, warum man halbjährlich neue Kleider kaufen müsse, die man per se nicht brauche, meint er etwa. Switcher stehe dafür ein, dass man vielleicht mal ein T-Shirt kaufe, dass man dann aber 5 oder 10 Jahre habe.

Schön und gut. Allerdings behaftet Cornelius' Theorem zwei Probleme:
1. Produziert Switcher auch in Indien, wie alle anderen Kleidermarken auch
2. Verdient auch Switcher an dieser Konsumgesellschaft

Bemerkenswert elegant spricht Cornelius diesen Gegensatz, diesen Dissenz, in seinem Buch an:
Leider gebe es in Europa keinen Markt für die Herstellung von Kleidern - der letzte Produzent schloss vor gut 8 Jahren in Portugal seine Pforten. Letzter Kunde: Switcher.
Auch lege Switcher grossen Wert auf Nachhaltigkeit: Lieber 1 Hemd in 5 Jahren kaufen, als 5 Hemden in einem Jahr.

Schön am Ganzen ist, dass dies stimmt. Ich habe selbst Switcher-Trainerhosen, die ich seit mittlerweile 12 Jahren trage - und die immer noch ganz sind.
Es ist erstaunlich, dass ein eigentlich so offensichtlicher Anti-Kapitalist mit einer Unternehmung Erfolg haben kann.

Zu lesen ist das Buch flüssig und gut. Manchmal geht der Mahnfinger, der Cornelius fortwährend erhebt, ein wenig auf den Zeiger - aber seine Ansätze, seine Handlungen, seine Unternehmung Switcher rechtfertigen dies.

Am Schluss kann man sich eigentlich nur wünschen, dass es mehr Unternehmer wie Robin Cornelius geben würde.

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